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Retrotest: Super Mario World (SNES)

Super Mario World. Was gibt es noch zu sagen. Ein Meisterwerk der Plattformkunst, mit allem was ein Spiel braucht: Grafik, Musik, Gameplay und Yoshi. 

Eigentlich gibt es eine ganze Menge zu sagen. Fangen wir an.

The Great Giana Sisters auf dem C64 war mein erster Kontakt mit der Marioformel. Es folgte Super Mario Land auf dem Gameboy, Super Mario World auf dem SNES und schließlich, als kleine Antithese, Sonic the Hedgehog auf dem Mega Drive. Und obwohl die Mariospiele zuerst kamen und obwohl ich sie von Beginn an mochte, war es die blaue Monströsität mit den roten Schuhen und der (laut SEGA) Persönlichkeit von Bill Clinton, die mich umstandslos vereinnahmte: Der schiere Speed, das Auskundschaften der teils riesigen Levels, die coole Aufmachung und Musik — eine adrenalinische Erfahrung.

Es sollte einige Jahre dauern (sechs oder sieben), bis sich mir die unterliegenden Qualitäten der Mario-Spiele erschlossen. Bis dahin hatte meine Ablehnung gegenüber niedlichen Familientiteln die Oberhand — ein Problem, das sich bis heute nicht ganz gelegt hat, und für dessen sukzessiven Abbau ich eine Menge tun musste, weil ich merkte, dass es mir im Weg stand: Überall wurden Titel wie Pokemon, Kirby oder eben Mario gefeiert und ich hatte mir den Zugang dazu selbst verwehrt.
Kurz vor der Jahrtausendwende war aber auch ich bereit für Super Mario World — spät dran, aber bereit. Vielleicht nicht ganz verkehrt, denn so konnte ich das Spiel mit zeitlichem Abstand und etwas mehr Erfahrung angehen.

Präsentation: It’sa me 

1992, das Releasejahr des Spiels in Europa, galt sicher nicht als Jahr der Grafik. Vor allem, wenn man sich ansieht, was in den folgenden Jahren noch passierte. Und auch Super Mario World ist grafisch eher sowas wie die Casio-Uhr der Videospiele: schnörkellos, funktional und sich dessen vollkommen bewusst.

Und trotzdem bzw. genau deswegen ist die reduzierte Optik die richtige für den Job. Sofern der Job das klare, minimalistische Kommunizieren mit dem Spieler ist. Was er ist. In Rückschau also eine gute Wahl, denn im Gegensatz zu anderen Games, wird man hier niemals durch irgendwelchen Grafikbombast von der reinen Spielerfahrung abgelenkt — für ein Gameplay-first-Titel wie Super Mario World nicht unwichtig. 

Ähnliches lässt sich über die Musik sagen. Das Spiel bringt die volle Ladung Süßkram ins Haus: Hübsche, simple und eingängige Melodien, die sich in der vinylhaften 32kHz-Super Nintendo-Qualität wie eine zusätzliche Patina über das Spiel legen und den Fluff-Faktor noch in die Höhe schrauben. Mitunter sind mir die Loops vielleicht ein wenig kurz und formulaisch und ich hätte mir mehr Abwechslung in gewissen Stücken gewünscht. Andererseits hätte sie das wohl weniger eingängig und ikonisch klingen lassen. Wie man’s macht.

Apropos ikonisch. So sehr die zuckersüße Klapprigkeit der Yoshi-Reitmusik das sein mag, über längere Zeit damit konfrontiert, spüre ich, wie eine Art stummer Wahnsinn in mir seinen Kopf hebt, als würde man von einer durchgedrehten Zirkusmelodie ermordet. Viele mögen mir hier widersprechen, aber: Das ist nah dran an überzuckert.
Und obwohl ich die Musik von Super Mario World ingesamt schätze, würde ich sie jederzeit mit der von Plok tauschen wollen, die genauso gutgelaunt und catchy ist, aber etwas fülliger, vertrackter und weniger Hardcore-ohrwurmig, was dem Ganzen etwas mehr Panache verliehen hätte. Aber das ist Geschmacksfrage und hat vielleicht mit meiner Niedlichkeitsaversion zu tun.

Dessen ungeachtet bleibt Super Mario World ein gutes Beispiel für eine synästhetische Videospielerfahrung: die minimalistische Grafik, die eingängigen Melodien, die ihre Auslöser perfekt verklanglichenden Soundeffekte und die Stimmung in den Levels, all das über die Länge von rund sieben Stunden, das ist kein Zufallsprodukt. Das ist die Handschrift eines arrivierten Gamedesigners (und Teams), der schleift, feilt und designt, bis das Spiel entstanden ist, das die Welt (und er) erwartet hat.

Allein die Story ist der übliche Mario-Flachgang: Dicker Klempner aus Italien rettet hübsche Prinzessin aus Schildkrötengefangenschaft. Puh. Davor war irgendwas mit Kuchen, dazwischen was mit Pilzen (ich spare mir den tiefhängenden BTM-Scherz), und im nächsten Spiel von vorn. Ein ewiger Kreislauf aus Kuchen und Entführungen, was zu besorgniserregenden statistischen Verzerrungen in Konditorkreisen geführt haben muss.

Vielleicht ist die erzählerische Tiefe auch einfach nur verborgen. Werfen wir einen Blick in die deutsche Anleitung. Sie erklärt, dass Mario, Luigi und Prinzessin Toadstool (—Prinzessin Krötenstuhl, wie sie konsequenterweise heißen müsste, wenn hier sogar Yoshi zu ‚Yoschi‘ wird), nach den Strapazen aus Super Mario World 3 an einem Strand im Dinosaurierland chillaxen, als plötzlich: Die Prinzessin! Fort! Verschwunden! Entführt etwa? Schon wieder!? Sonnenklar: Ehrenmann Mario macht sich stantepede auf die Suche, um Prinzessin Krötenstuhl zu — undsoweiter undsofort. Geradezu aggressiv belanglos.

Verschwommenheit und Präzision

Um Prinzessin Peach also aus den Pranken der mutierten Monsterschildkröte Bowser zu befreien, muss Mario sich durch insgesamt 96 Levels in neun Welten schlagen. Deren Themen sind so kreativ wie vielfältig: Es gibt Wälder, Höhlen, Geisterhäuser, Unterwasserwelten, Festungen und Sternenhimmel, alles voller Collectibles und versteckter Pfade. Am Ende jeder Welt wartet ein meistens recht vergnüglicher Bossfight und, wenn alle diese Koopalinge gelegt sind, Bowser höchstpersönlich.

Zum Glück muss unser Protagonist diese Arbeit nicht allein bewerkstelligen. Da sein Bruder aber noch mit hartnäckigen Rohrverstopfungen im Collosseum beschäftigt ist, rekrutiert Sympathieträger Mario kurzerhand einen neuen Abenteuerkumpel: Eben Yos(c)hi. 
Yoshi ist ein dinosauerierartiges Wesen mit duldendem Gemüt. Wir befreien ihn aus einem Ei, was ihn zu unserem besten Freund macht. Er lässt Mario auf sich reiten, wann immer es beliebt, was ziemlich oft ist, kann ein bisschen fliegen und mit seiner Zunge Gegner einholen wie ein Frosch. Was genau mit den Eingeholten in Yoshis Mundraum vor sich geht, darüber kann ich nur spekulieren, vermutlich aber werden sie mit einem beutesedierenden Speichelgemisch ruhiggestellt, jedenfalls kann er sie praktisch unendlich lange in den Backentaschen halten und auf Kommando als Geschossvariation auf Feinde rotzen, was wirklich unendlich praktisch ist. Yoshi kann auch mit den Füßen stampfen wenn er zornig wird, seine Farben und Fähigkeiten wechseln und ist einfach nur ein kleiner Sonnenschein. Zusätzlich gibt es ihn auch in einer Art Baby-Ausführung, die vom erwachsenen Mario beritten wird, was ich nur als perfiden Umkehrtwist zu Super Mario World 2: Yoshis’s Island deuten kann.

Mario selbst ist auch nicht unagil: Sein Bewegungsapparat ist durch den langen Kampf mit ruinierten Schnüffelstücken dermaßen hochgeskillt, dass er selbst mit seinem etwas frontlastigen Körperbau noch maximalgymnastische Leistungen abruft: Mario

  • rennt
  • springt (echt hoch, Sonic-hoch)
  • springt und wirbelt wie ein rechter Derwisch
  • klettert
  • schwimmt
  • boxt durch Zäune
  • trägt und schmeisst Schildkrötenpanzer
  • nutzt Verwandlungs-Power-Ups zum Fliegen, blähbäuchigem Schweben, Feuerballschießen und Attackieren mit Cape 
  • duckt sich unter sein Mützchen

Die Steuerung ist präzise, wurde aber mit einer gewissen Note Verschwommenheit abgeschmeckt, als ob sie an einem gewissen Punkt als zu präzise angemahnt und durch leichte Trägheit kniffliger gemacht wurde. Was auf dem Papier nach einer furchtbaren Idee klingt, hat sich für das Spielgefühl bewährt: Wer seine erste Runde in Super Mario World (oder nahezu jeden anderen Teil) dreht, wird Mario praktisch sofort gut kontrollieren können, kniffligere Manöver wie perfekt gezielte Sprung-und-Feuerball-Kombos oder Kettenglied-Angriffe vermutlich aber erst mal üben müssen. Ist das etwas spezielle Beschleunigungs-, Trägheits- und Rutschverhalten einmal eingesunken, ist das Kontrollgefühl über den Klempner ein erhabenes und die Qualität des Leveldesigns immanent: Die Platzierung von Plattformen, Power-Ups und Gegnern ist keineswegs zufällig, sondern folgt immer wieder einem gewissen Flow-Prinzip. Fehler liegen somit fast immer beim Spieler (obgleich es, wie in jedem Spiel, streitbare Stellen gibt), was nur ein weiteres Zeichen für die Poliertheit des Gameplays ist. 

Viel mehr muss man zu letzterem auch nicht mehr sagen, ausser, dass die Hop-und-Bop-Formel heute noch genauso funktioniert, wie vor dreißig (Mamma mia!) Jahren. 

Halt, eine letzte Sache gibt es doch noch zu erwähnen: Den Zweispielermodus. 
In diesem ist Luigi mit seinem Reparaturarbeiten endlich fertig und mischt mit seinem Bro gemeinsam Koopas auf, was ein großer Spaß ist, über den einfach nicht genug geredet wird.

Über die Fairness und den Styx

Gehen wir zum Abschluss noch mal auf Schwierigkeit und spielerische Unterstützung ein. Mario startet mit fünf Leben, was absolut in Ordnung ist, zumal Extraleben (gerade anfangs) schnell verdient sind: Für hundert gesammelte Münzen bekommt er eine Wiedergeburt. Warum das so ist, weiß ich nicht genau, aber vielleicht hat man damals gedacht: ‚Hey, wenn wir schon Protagonisten aus Italien haben, warum dann nicht gleich römische Mythologie mit reinziehen‘, und so bezahlt Mario mit seinen Münzen vermutlich den Fährmann Charon zwecks Überfahrt über den Totenfluss. Was aber total ballaballa wäre, weil Charon mit Wiedergeburt gar nichts am Hut hat, sondern seine Passagiere im Reich der Toten absetzt. Ich weiß es doch auch nicht. Münzen, Edelsteine, Ringe, irgendwas müssen Sonic, Mario und Link ja sammeln. Was genau sie aber damit machen… Vielleicht ein eigenes Thema.

Jedenfalls: Nach jeder münzbasierten Inkarnation beginnt man entweder am Levelanfang oder dem zuletzt erreichten Rücksetzpunkt. Super Mario World glaubt nicht an Continues; sind also alle Leben aufgebraucht, muss der letzte Speicherplatz (das Modul hatte eine eingebaute Batterie) erneut geladen werden. Was im Endeffekt aber wieder unlimitierten Continues entspricht — und definitiv fair ist, denn das Spiel wird zum Ende durchaus knifflig und brutal.

Bricht man das ganze herunter, macht man auch in Super Mario World nichts anderes, als hoffentlich möglichst kompetent von links nach rechts zu gelangen, dabei möglichst viel Glänzendes einsammeln und das Ganze bitte schnell und stilvoll. Wie also bei jedem anderen Plattformer auch.

Der Unterschied ist das Maß an Politur und Gehirnschmalz, die in das Spiel geflossen sind. Es bemüht sich nicht mal, uns mit grafischem Bombast zu beeindrucken und setzt stattdessen auf das Gefühl eines perfekt bedienbaren, zusammenhängenden Gesamtkunstwerks. Das ist seine Vision. Und das ist der Grund, warum es in die Hall of Fame der Videospielmeilensteine einzementiert ist. 
Das, und weil es alles hat, was ein Spiel braucht: Grafik, Musik, Gameplay und Yoshi.

Gespielt auf dem SNES und SNES Mini. 

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